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«HR Today» / von Sabine Biland-Weckherlin und Markus Zanola

Überstürzte Management- und HR-Entscheide kosten Zeit, Geld und Nerven – und sie hinterlassen oft eine irritierende Aussenwirkung. Unsere Gastautoren erleben solche Entscheide auf Unternehmensseite immer wieder in ihrem Berateralltag. Ein paar Anekdoten aus ihrem Nähkästchen und ein Plädoyer für einen vertieften und umfassenden Denkprozess vor der Vergabe eines Mandats.

In unserem Berateralltag werden wir regelmässig und in steigendem Masse Zeugen überstürzter Handlungen in der Unternehmenswelt. Es scheint teilweise, als ob die vorherrschende gesellschaftliche Subito-Kultur auch in den Management- und HR-Cockpits Einzug gehalten hätte. Nicht selten werden vorschnell wenig fundierte Entscheide gefällt, die das Unternehmen nachträglich teuer zu stehen kommen und retrospektiv mit der nötigen Voraussicht vermeidbar gewesen wären. Seien dies folgenschwere Kursänderungen auf strategischer Ebene, die später wieder rückgängig gemacht werden, oder Schnellschüsse in der Rekrutierung, die sich rückblickend als Sturm im Wasserglas und als Verschwendung von Zeit und Ressourcen entpuppen.

Leerlauf in der Personalrekrutierung

So zum Beispiel, wenn Firma A uns mit dem diskreten Ersatz eines leistungsmässig ungenügenden Mitarbeiters X beauftragt – und dann gegen Ende des aufwendigen Suchprozesses feststellt, dass dieser plötzlich von einem unerwarteten, fundamentalen Motivationsschub ereilt wurde und daher trotzdem im Unternehmen verbleiben darf.

Ein Leerlauf war auch der Rekrutierungsprozess mit der Firma B, die uns nach langwieriger, erfolgloser eigener Suche ein Mandat für ein komplexes Stellenprofil erteilte. Erst im Laufe des fortgeschrittenen Prozesses erfolgte die Prüfung, ob allfällige interne Bewerber für die Stelle in Frage kämen. Dies traf erstaunlicherweise zu! Talent Development lässt grüssen.

Zwischendurch erleben wir auch, wie der vergessen gegangene, externe Kontakt aus dem eigenen Netzwerk erst dann auftaucht, wenn die Suchmaschinerie unsererseits bereits mit einem entsprechenden Dringlichkeitsvermerk in Gang gesetzt wurde. Ebenso verwunderlich ist die Konstellation in einem anderen Unternehmen, wo zwei Führungspositionen zusammengelegt wurden – notabene nicht etwa zu Beginn der intensiven Suche nach geeigneten Kandidaten, sondern im fortgeschrittenen Stadium.

Seriöse Klärung muss sein

Verstehen Sie uns bitte nicht falsch: Als Personaldienstleister freuen wir uns über jeden uns erteilten Auftrag, aktuell wie auch zukünftig! Ebenso selbstverständlich ist die Tatsache, dass die Unvorhersehbarkeit wirtschaftlicher Ereignisse und die Dynamik unternehmerischer Massnahmen oft nur kurzfristige Reaktionen zulassen. Dennoch ziehen wir Mandate vor, denen ein vertiefter und umfassender Denkprozess, das heisst eine Bedarfsanalyse der vakanten Position, vorausgeht und bei welchen eine realistische Chance auf Erfolg – sprich Stellenbesetzung – besteht. Die genannten Beispiele hingegen verursachen vermeidbaren, ja kostspieligen Aufwand für alle Beteiligten. Sie belasten nicht nur unnötig das meist angespannte Budget des Kunden, sondern auch dessen ebenso knappe personelle Ressourcen. Zusätzlich hinterlassen sie eine irritierende Aussenwirkung als wenig überzeugende Visitenkarte des Unternehmens. Die enttäuschten Kandidaten, die ihrerseits Energie und Hoffnung in den Bewerbungsprozess investiert haben, schliessen aus solchen Aktionen zuweilen nicht ganz zu Unrecht auf fehlende Professionalität der Firma. Und die Leerläufe generieren ja nicht bloss internen Aufwand, sondern sind auch Ausdruck einer gewissen Respektlosigkeit gegenüber den Kandidaten und ihrer Zeit. Wenig erstaunlich ist, dass ein im letzten Moment auf wundersame Weise auftauchender «interner Kandidat» immer wieder für Befremden unter Bewerbern sorgt und ernsthafte Fragezeichen hinsichtlich eines transparenten und fairen Bewerbungsverfahrens auslöst. Auch die Glaubwürdigkeit der Arbeitgebermarke erleidet somit den einen oder anderen Kratzer.

Werden vermehrt digitale Personalgewinnungswege beschritten, akzentuiert sich das Problem zusätzlich – der gewünschte Effizienzgewinn wird ausgehebelt durch die permanente Überlastung der jeweiligen Rekrutierungsabteilungen, die fortwährend Dossiers generieren für Positionen, die nicht (mehr) zu besetzen sind. Das Resultat ist dasselbe und stellt die ausgefeiltesten Employer-Branding-Bemühungen in Frage.

Die Quintessenz: Due Diligence als mit «gebotener Sorgfalt» durchgeführte Vorprüfung der anstehenden Risiken findet bei anstehenden Finanztransaktionen richtigerweise breite Verwendung. Als Personaldienstleister würden wir uns für alle Beteiligten – im Namen unserer Kandidaten, aber auch im Eigeninteresse – wünschen, dass dieser Grundsatz vermehrt auch im Rahmen der Personalplanung und -gewinnung Beachtung findet.