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Die schmale Linie zwischen Arbeitgeberattraktivität und Candidate Experience

Es ist keine neue Einsicht, dass im «War for Talent» eine gute Arbeitgebermarke von zentraler Bedeutung ist. Auf dem Weg zur perfekten Arbeitgebermarke geht jedoch leider oft die Candidate Experience in der Prioritätenliste unter.

Aus dem Archiv.

Viele Unternehmen geben Unmengen an Geld für grosse Imagekampagnen, professionelle Karrierewebseiten oder teure Absolventenmessen aus – vergessen dabei aber, wie zentral die Candidate Experience ist.

Zu Unrecht wie wir finden – denn der gelebte Bewerbungsprozess hat einen enormen Einfluss auf die Arbeitgeberattraktivität. Schlussendlich entscheidet die Wahrnehmung der Kandidat:innen darüber, ob sie sich für ein Unternehmen sowie dessen Vakanz interessieren, weshalb eine Investition in eine positive Kandidat:innenerfahrung als geeigneter erscheint. Nachfolgend teilen wir Erfahrungen aus unserem Beratungsalltag, welche veranschaulichen sollen, dass mit einfachen Verbesserungen im Bereich Candidate Experience ein Wettbewerbsvorteil im Employer Branding erzielt werden kann.

Teil 1 der Candidate Experience: Recherche

Am Anfang jeder Candidate Journey steht die Recherche. Sowohl aktiv suchende wie passive Kandidat:innen beschaffen sich Informationen zur Zielfirma im Internet. Ähnlich wie beim Vorstellungsgespräch für den Arbeitgebenden ist im umgekehrten Fall auch der erste Eindruck für die Bewerberin oder den Bewerber entscheidend. Kandidat:innen sind nicht an visuell ansprechenden Karrierewebseiten interessiert, sondern suchen in erster Linie authentische Einblicke hinter die Kulisse der Firmenfassade.

Mit zunehmender Transparenz auf sozialen Medien und Bewertungsplattformen wie Kununu oder Glassdoor, haben Bewerbe:innen weitere Möglichkeiten gewonnen, sich über den Arbeitgebenden sowie spezifisch über den Bewerbungsprozess zu informieren und mitzuteilen. Um an Details über den potentiellen neuen Arbeitgebenden zu gelangen, recherchieren Bewerber:innen vermehrt auch mögliche Bekannte auf der Arbeitnehmerseite der Unternehmung. In dieser Hinsicht ist es unerlässlich, einen Imagecheck für das eigene Unternehmen und die Mitarbeiter:innen durchzuführen – denn diese fungieren schliesslich als Ambassadoren des Unternehmens und tragen somit massgeblich zur Kommunikation der Unternehmenswerte nach aussen bei.

Teil 2 der Candidate Experience: Prozess

Es ist wohl keine Überraschung, dass sich Bewerber:innen eine transparente und regelmässige Kommunikation während des Bewerbungsprozesses wünschen. Dazu gehören klare Ansagen, verbindliche Termine und ein wertschätzender Umgang.

Kandidat:innen berichten uns, dass sie den Prozess teilweise als nicht stufengerecht empfinden. Die Rede ist da zum Beispiel von einem Eignungstest, der für Manager:innen auf Kaderstufe konzipiert wurde, aber auch für Assistent:innen eingesetzt wird. Testverfahren dergleichen, die nicht auf das Anforderungsprofil der Vakanz angepasst sind, entmutigen Bewerber:innen und haben nach unserer Erfahrung auch schon zum Rückzug der Kandidatur geführt. In solchen Fällen empfehlen wir dem Arbeitgeber zu prüfen, ob die gestellten Anforderungen im Einklang mit den gebotenen Herausforderungen und Vorzügen der Position stehen. Des Weiteren sind für einen ausgereiften Interviewprozess gewisse organisatorische Details zwingend zu beachten. Wenn Bewerber:innen im Flur anderen Bewerber:innen begegnen, scheitert es alleine schon an der internen Logistik. Auch berichten uns Kandidat:innen von immer längeren und komplexeren Rekrutierungsprozessen, was als bemühend empfunden wird. Bewerber:innen müssen erhebliche zeitliche Flexibilität beweisen und werden nicht selten zu drei bis fünf Interviewterminen aufgeboten. Unternehmen, ihrerseits, lassen sich aber zwischen den einzelnen Etappen der Bewerbung teilweise verblüffend viel Zeit. Wer in der heutigen schnelllebigen Geschäftswelt qualifizierte Mitarbeiter:innen gewinnen möchte, läuft mit einer solchen Reaktionszeit Gefahr, Talente an die Konkurrenz mit dem effizienteren Bewerbungsprozess zu verlieren.

Das Bewerbungsgespräch hat zum Ziel, sich gegenseitig kennenzulernen und zu prüfen, ob die Chemie zwischen dem Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden passt. Dies gestaltet sich jedoch schwierig, wenn die Gesprächspartner:innen auf Arbeitgebendenseite auf dem «hohen Ross» sitzen, unkonzentriert oder desinteressiert auftreten. Hochqualifizierte Kandidat:innen müssen gewonnen und für eine Anstellung im Unternehmen begeistert werden. Nur wem es gelingt, in den Vorstellungsgesprächen Vertrauen aufzubauen, wird im Idealfall die Wunschkandidatin oder den Wunschkandidaten für das Unternehmen gewinnen können.

Teil 3 der Candidate Experience: Ergebniskommunikation

Auch Absagen müssen sorgfältig behandelt werden. Ist ein:e Kandidat:in für die Vakanz ungeeignet, so legt ein konstruktives Feedback – trotz negativer Nachricht – den Grundstein für eine gute Candidate Experience. Dadurch steigen die Chancen, dass das Unternehmen im Bekanntenkreis weiterempfohlen oder der:die Kandidat:in sich in Zukunft nochmals für eine andere Position bewerben wird.

Fazit

Unternehmen und ihre Entscheidungsträger tun gut daran, ihren Rekrutierungsprozess in regelmässigen Intervallen kritisch zu hinterfragen. Um die Optimierungspunkte der eigenen Unternehmung zu erkennen, empfehlen wir unseren Kunden, sich testweise auf eigene Vakanzen zu bewerben. Nur durch die Sensibilisierung der involvierten Personen gelingt es Unternehmen, intern oder gemeinsam mit dem externen Rekrutierungspartner, eine positive Bewerbererfahrung zu generieren und dadurch das eigene Personalmarketing nachhaltig zu stärken.