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Employer Branding

Zahlreiche Unternehmen lassen gerne verlauten, dass ihre Mitarbeitenden ihr wertvollstes Kapital seien. Diese spüren jedoch meistens herzlich wenig davon. So hören wir immer wieder von Kandidatinnen und Kandidaten, dass ihr Chef weder nachgefragt hatte, ob ihre Ferien schön gewesen seien, noch sich nach deren Befinden erkundigt hatten, wenn sie krankheitsbedingt ausgefallen waren. Zu selten erfahren Mitarbeitenden so schöne Gesten wie ich, als mich am ersten Arbeitstag ein Blumenstrauss zur Begrüssung auf dem Schreibtisch erwartete. Oder dass der Chef allen Mitarbeitenden ein kleines Geschenk aus den Ferien mitbringt. Dabei sind es doch vor allem genau diese Aufmerksamkeiten, die den Zusammenhalt im Team fördern und die Zusammenarbeit menschlich gestalten.

Employer Branding als Erfolgsschlüssel beim Recruiting

Firmeninhaber bzw. Personalleitende tun gut daran, sich Schritte zu überlegen, wie sie als attraktiver Arbeitgeber auftreten, der auf dem Markt als sympathisch und wertschätzend wahrgenommen wird. Um zukünftige Mitarbeitende für ihr Unternehmen zu begeistern, kommt dem Employer Branding (d.h. der Arbeitgebermarke) eine wichtige Bedeutung zu:  Dessen wichtigstes Ziel ist es – gerade in teilweise ausgetrockneten Branchen -, qualifizierte, engagierte und motivierte Team-Mitglieder zu gewinnen, die sich durch eine hohe Identifikation und emotionale Beziehung langfristig ans Unternehmen binden lassen. Vielleicht haben Sie darüber hinaus auch schon festgestellt, dass sich Kandidatinnen und Kandidaten heute viel mehr umwerben lassen als früher. In dieser Hinsicht ist also ein Umdenken in der Beziehung zwischen Unternehmen und Bewerbenden gefragt. Hier setzt nämlich die sogenannte Candidate Experience bzw. Journey an, die im positiven Sinn gewährleistet, dass Kandidatinnen und Kandidaten ihren Bewerberprozess als angenehmes Erlebnis erfahren. Machen Sie es darum Bewerbenden möglichst leicht, ihre Unterlagen auf Ihrer Webseite hochzuladen, am besten über ein Webformular. Wussten Sie, dass 70 % der Interessierten wegklickt, wenn der Bewerbungsprozess länger als zwei Minuten dauert? Ausserdem empfiehlt es sich, als Arbeitgeber persönlich und greifbar aufzutreten; dies wird unter anderem durch die Angabe des Namens und einer direkten Telefonnummer der zuständigen HR-Person ermöglicht. So können Bewerbende vor oder während des Einreichens ihres Dossiers noch Fragen klären.

In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, den Einsatz von Chatbots zu prüfen; dabei handelt es sich um Computerprogramme, mit derer Hilfe Anfragen automatisiert und ohne direkten menschlichen Eingriff beantwortet werden. Sie sind eine gute Option, Standardfragen von Kandidaten rund um die Uhr zu beantworten – dies verbessert die Candidate Experience deutlich und ist erst noch kostengünstig.

Zu einer angenehmen Candidate Experience tragen Sie auch bei, wenn Sie neben einem ansprechenden Inserat noch folgende Punkte beachten: Kommunizieren Sie auf Augenhöhe mit den Bewerbenden, seien Sie ehrlich und transparent und sorgen Sie für eine schnelle Reaktion sowie einen regelmässigen Austausch.

Mitarbeiter als Kunden sehen

Die Ressourcen für das beste Employer Branding kommt von Ihren eigenen Mitarbeitenden. Diese sollten meiner Meinung nach vermehrt als interne Kunden behandelt werden, welche ebenso gehegt und gepflegt werden wollen wie das externe Klientel. Es ist nicht zu unterschätzen, welch grossen Einfluss ein engagiertes Team auf den Unternehmenserfolg hat – begeisterte Mitarbeitende begeistern auch Kunden. Denn sie sind schneller, freundlicher und positiver und können somit bessere Beziehungen zur Kundschaft aufbauen. So wirken Arbeitnehmende als wertvolle Multiplikatoren.

Wie aber werden die eigenen Mitarbeitenden zu Fans und Markenbotschaftern ihres Arbeitgebers? ALDI Süd ist ein in dieser Hinsicht fortschrittliches Unternehmen – es zeigt auf Plakaten Mitarbeitende, die positiv über ihre sinnvolle Arbeit sprechen, mit Aussagen wie „Dafür stehe ich jeden Morgen auf …“ oder „Dafür ist mir kein Weg zu weit …“. Solch erfolgreiches Employer Branding spricht Bewerber an und kann als Träger von Unternehmenswerten wie sinnstiftende Arbeit eingesetzt werden – diese ist z.B. den Generationen Y und Z ausserordentlich wichtig. Dazu gehören auch Unternehmenswerte wie gutes Arbeitsklima, gelebter Zusammenhalt (fehlender Teamgeist ist nämlich einer der Hauptgründe für Kündigungen), Weiterbildungsmöglichkeiten oder ausgewählte Benefits. Werden diese Botschaften in Form von Videos auf die Webseite des Unternehmens gestellt, wirkt das attraktiv und authentisch; sie lösen Emotionen aus. Auf moderne Anstellungsbedingungen mit flexiblen Arbeitszeiten machen z.B. die Frankfurter Rotkreuz-Kliniken aufmerksam, indem sie den Slogan verwenden „Wir dürfen keine Zeit verlieren – schon gar nicht Ihre“.

Kreativität und Mut sind gefragt, wenn es ums Thema Vermarktung des Arbeitgebers geht: Ein amerikanisches Unternehmen begrüsste den 100. Mitarbeiter mit einer Überraschung, ein anderes stellte die Abschiedsparty eines in Pension gehenden Kollegen ins Netz usw. Oben erwähnter Discounter punktete übrigens weiter mit einer aufsehenerregenden Aktion namens „Blackbox“, die sich aktiv gegen Diskriminierung aufgrund des äusseren Erscheinungsbilds einsetzte: Das Unternehmen führte anonymisiert und inkognito ein „Blind Recruiting“ durch, bei dem sich Bewerber und Personaler in absoluter Dunkelheit begegneten. Dieses Verfahren sollte bewusst einen Unterschied zu herkömmlichen Bewerbungsverfahren machen und Vorurteilen entgegenwirken.

Firmen, die ihre Mitarbeitenden online schwer erreichen (z.B. in der Gastro- oder handwerklichen Branche), lassen sich manchmal sehr kreative Schritte einfallen, um Employer Branding zu betreiben: So fuhr in Deutschland ein Lastwagen mit dem Logo des Unternehmens von Baustelle zu Baustelle, um den Handwerkern Hamburger zu verteilen.

Bewertungen durch Mitarbeiter – zu Recht gefürchtet?

Viele Unternehmen fürchten um ihren Ruf, wenn Mitarbeitende auf Bewertungsplattformen wie kununu oder Glassdoor Feedbacks über die Stärken und Schwächen des Arbeitgebers geben. Ich bin der Meinung, dass man diese souverän als Chance sehen sollte, den Dialog mit seinen Mitarbeitenden zu fördern. Bemühen sich Firmen, als Arbeitgeber wertschätzend mit ihren Angestellten umzugehen, brauchen sie sich nicht davor zu scheuen, sich öffentlich bewerten zu lassen; negative Kommentare werden sich in Grenzen halten – und können mit offener Kommunikation sogar abgeholt und oft in einen sinnvollen Zusammenhang gestellt werden.

Zeigen Sie auf Ihrer Webseite mehr als nur Stelleninserate – stellen Sie dar, was Ihre Firmenkultur einzigartig macht. Erstellen Sie überdies ein attraktives Unternehmerprofil auf den sozialen Medien wie XING und LinkedIn und posten Sie Beiträge über erfolgreiche Projekte oder auch einmal lustige Aktionen (z.B. wenn Mitarbeitende ihren Hund zur Arbeit mitbringen). Diese Inhalte helfen, passive Kandidaten zu erreichen.

Die Resultate eines gelungenen Employer Brandings sind also zusammengefasst: Inspirationen fürs Recruiting, treue, loyale Mitarbeitende, die gesund bleiben und geringere Fluktuation. Ressourcen-Einsparungen sind eine weitere positive Konsequenz, weil Einstellungen über Empfehlungen durch Mitarbeitende gegenüber traditionellen Ausschreibungen erwiesenermassen bis zu zehnmal kostengünstiger sind.

Lösungen und Strategien für ein gelungenes Employer Branding müssen auf Ihr Unternehmen abgestimmt sein, was die Firmenphilosophie und den Kommunikationsstil angeht. Auch der Zielgruppe muss natürlich Beachtung geschenkt werden. Und wenn Sie befürchten, Kandidaten mit einem Blick hinter Ihre Firmenkulissen abzuschrecken (z.B. durch Kurzinterviews vom Team): Auch das ist wertvoll, denn Sie wollen ja Leute anziehen, die zu Ihrer Firmenkultur passen. Wer seine Kultur und Philosophie glaubwürdig nach aussen zu tragen vermag, bezieht Stellung und grenzt sich von der Konkurrenz ab.